Projektleitung von Reuchlin digital stellt on-demand Escape Room am Museum Johannes Reuchlin bei der MAI Tagung 2021 vor
Daniel Autenrieth und Claudia Baumbusch stellten am 12.05.2021 im Rahmen der MAI Tagung Reuchlin digital mit dem Fokus auf Medienpädagogik, kulturelle Bildung und Game-based Learning vor. Zentral waren dabei die Entwicklungen im Rahmen von Reuchlin Escape.
Der Beitrag stellt das Entwicklungsprojekt „Reuchlin digital“ (RD) am Museum Johannes Reuchlin vor, welches im Schnittfeld von kultureller Bildung (in schulischen und außerschulischen Kontexten), Medienpädagogik und der Lehramtsausbildung verortet ist. Johannes Reuchlin (Humanist und Zeitgenosse der Medienrevolution des Buchdrucks) setzte sich für Toleranz und die Erkundung alles Fremden ein. Seine Botschaften stehen leitmotivisch über dem Projekt. RD ist als praxisbezogenes Entwicklungs- und Modellprojekt mit evaluativen Elementen angelegt. Der Schwerpunkt des Beitrags soll auf der Darstellung theoretisch-konzeptioneller Überlegungen sowie wichtiger Zwischenergebnisse des Projekts auf der Basis von Auswertungen von Schüler*innen-Befragungen (Fragebögen und qualitative Interviews) sowie Beobachtungsprotokollen diverser Projektaktivitäten liegen. RD ist ein Projekt des Kulturamts Pforzheim (Förderpartner: Innovationsfonds BW, Arbeitsstelle literarische Museen BW) mit Kooperationspartnern verschiedener Institutionen (PH Ludwigsburg, Hochschule Pforzheim, Medien- und Filmgesellschaft BW, Schulen verschiedener Schularten).
Ein interdisziplinäres Projektteam, bestehend aus Vertreter*innen der Medienpädagogik, Museumspädagogik, Kunstgeschichte, Informatik sowie Schulleitungen und Lehrer*innen, koordiniert in einem iterativen Verfahren die Projektziele und Dimensionen. Studierende und Schüler*innen tragen auf Augenhöhe mit dem Projektteam aktiv zur Entwicklung und Erprobung neuer Inhalte und Lehr-Lern-Settings bei. Ziel ist es, das Museum Johannes Reuchlin als Lernort attraktiver zu gestalten und durch den Einbezug digitaler Vermittlungsformen und der aktiv-produktiven Arbeit mit (digitalen) Medien einen Lernraum für eigenständige und handlungsorientierte Wissensaneignung zu schaffen. Gleichzeitig dient RD als Modellprojekt, um nutzbares Transferwissen an andere Museen und Kultureinrichtungen in Baden-Württemberg und darüber hinaus zu vermitteln. Unterstrichen werden die Projektziele durch die neuesten Empfehlungen des Rats für kulturelle Bildung, die das hohe Aktivierungspotenzial der audiovisuellen Medien aufgreifen. Sie regen an, „die eigene Produktion Jugendlicher mit audiovisuellen Medien, […] zu eigener künstlerischer Aktivität und Rezeption durch diese Medien sowie zur kritischen Reflexion der mit ihnen verbundenen Qualitäten und Realisierungsformen [zu fördern].”
Die Kooperation von Medienpädagogik und kultureller Bildung ist vor diesem Hintergrund sehr zielführend. Für RD ergeben sich aus verschiedenen medienpädagogischen Theorieansätzen wichtige Ausgangspunkte. Die aktive Medienarbeit2 und die lebens- und medienweltlichen Erfahrungen der Schüler*innen nehmen eine zentrale Rolle im Projekt ein. Die Erfahrungen der Schüler*innen werden genutzt (in Verknüpfung mit dem musealen Erleben und unter dem Primat, dass „digitale“ Erfahrungen die zwischenmenschlichen Beziehungen beim Museumsbesuch stärken sollen), um durch die aktiv- produktive, kreative und kritisch-reflexive Nutzung digitaler Medien und insbesondere durch die Vermittlung visueller, auditiver und audiovisueller Ausdrucksformen neue Lernwege zu eröffnen. Im Projekt geht es beim Einsatz digitaler Medien um die „Erweiterung und Transformationen der Optionen zu kommunizieren, zu kollaborieren“ und darum, das „Bedingungsgefüge von kulturellen, ästhetischen und medialen Aspekten“ an einem außerschulischen Lernort handlungsorientiert zu nutzen.
Die aus der interdisziplinären Zusammenarbeit entstandenen Game-based Learning-Ansätze schaffen weitere Zugänge zu den Themen des Museums Johannes Reuchlin. Mit dem ersten on-demand (d. h. jederzeit und ohne Änderung der Dauerausstellung spielbar) Real Life Escape Room Deutschlands in einem Museum können sich Besuchende unterschiedlicher Altersgruppen wichtige Zukunftskompetenzen (Kollaboration, Kreativität, Kommunikation und kritisches Denken) aneignen und gleichzeitig in die Themenwelten des Museums eintauchen.
Durch alle bislang skizzierten Ansätze gelang es nicht nur einen Modellort für Medienkompetenzförderung zu schaffen, sondern durch den Einbezug der medialen Lebenswelten der Schüler*innen auch sinnlich-ästhetische Zugänge zur Raumerschließung anzubieten, die sich an den Stärken der Schüler*innen orientieren und somit auch die Bereitschaft für intensive Auseinandersetzungen mit einem authentischen Ort verstärken. Ferner leistet das Projekt einen Beitrag zur Professionalisierung angehender Lehrkräfte und arbeitet im Rahmen eines praxisorientierten Hochschulseminars den Mehrwert des Einbezugs außerschulischer Lernorte in Bildungsprozesse heraus, um die Studierenden gleichzeitig an die Konzeption und Erprobung von transformativen Lehr-Lern-Settings unter Einbezug digitaler Medien heranzuführen bzw. Eigengestaltungen zu erproben.