MIT statt FÜR
Reuchlin digital als partizipatives Projekt kultureller Teilhabe
Von Beginn des Projekts Reuchlin digital an sind die Zielgruppen, die Schülerinnen und Schüler, die Lehramtsstudierenden und Lehrkräfte unmittelbar am Projekt, und zwar auf Augenhöhe, beteiligt. Doch was bedeutet das im Einzelnen? Welche Rolle etwa nehmen die Schülerinnen und Schüler ein? Sind sie lediglich Konsumenten eines von Fachleuten konzipierten Bildungsangebots, das sie aufnehmen – und im besten Fall – verinnerlichen? Oder haben sie wirklich Teil an der Entwicklung und Ausgestaltung des Projekts, sind aktiv-produktiv einbezogen und damit lernbereit, wissensdurstig und neugierig?
Partizipationstreppe nach Nina Simon
Die amerikanische Autorin Nina Simon unterscheidet in ihrer Publikation «The Participatory Museum» fünf Stadien der «Begegnung» von MuseumsbesucherIn und Museum. Die Partizipationstreppe (vgl. Abbildung) beginnt beim rein konsumierenden Museumsaufenthalt eines Einzelbesuchers. Von Stufe zu Stufe nimmt der Grad der Involviertheit der BesucherIn mit den Museumsinhalten zu, indem er/sie sich unter verschiedenen Aufgabenstellungen zu den Ausstellungsstücken und Themen im Museum verhalten kann. Er/sie eignet sich die über die Exponate transportierten Themen produktiv an, kreiert im Idealfall seine/ihre eigene Ausstellung und begibt sich dabei in einem zunehmend intensiven Austausch mit anderen Museumsbesucherinnen und -besuchern, oder Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die seine/ihre Ideen und Ansichten teilen oder auch nicht, so dass ein veritabler Diskurs entsteht. Mit diesen Stadien einher geht eine Bewegung vom Ich zum Wir, aus der Einzelperspektive hin zu einer Multiperspektivität, vom Individuum zum Miteinander.
Im fünften und höchsten Stadium ist das Museum ein Ort, an dem das Publikum weitaus mehr verhandelt als nur die vorgegeben Museumsinhalte. Im Idealfall entwickeln die Besucherinnen und Besucher das Museum weiter, aktiv und kreativ. Legt man diese Maßstäbe und Skalierung an das Projekt Reuchlin digital an, erreicht das Modellprojekt den höchsten Grad von Partizipation durch die integrativen, kooperativen und künstlerisch-produktiven Entwicklungs- und Aneignungsprozesse. Für Pforzheim und möglicherweise weit darüber hinaus könnte Reuchlin digital als Museumsprojekt mit hohem partizipativem Wirkungsgrad und Transferpotenzial zum Vorbild werden.